Kulturstiftung Hohenlohe

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von der Kulturstiftung

Rasante Tänze und schöne Augenblicke des Lebens - von Renate Väisänen, 26. Juli 2017, Hohenloher Zeitung

as großflächige Plakat auf der Bühne zeigt ein Bild, auf dem
in einem Stilmix zwischen Emil Nolde und Marc Chagall wild aufspielende
Musiker zu sehen sind. Ja ka scha steht darüber. So ist das Leben
lautet die Übersetzung für den bessarabischen Tanzschrei.

Einstand Und melancholisch oder leidenschaftlich,
sentimental oder ausgelassen wild, so wie das Leben halt ist, gibt sich
der musikalische Einstand des Quintetts: mit rhythmischen Schnalzen
sorgt Sänger Mykola Pavlenko für die Perkussion, trommelt auf seiner
Gitarre oder betätigt das Tamburin, das zu seinen Füßen liegt. Noch
recht getragen, dafür aber umso inbrünstiger erklingt sein Gesang, den
Violinistin Ksenia Grauberger, Gitarrist und Sänger Viktor Scala,
Akkordeonist Krzystoztof Rudowski und Boris Lichtman (Gesang,
Stick-Bass, Gitarre) mehr oder weniger begleiten. Doch dann nimmt
"Mamenka" volle Fahrt auf: das alte russische Romalied wandelt sich zum
feurigen Zigeunertanz von atemberaubender Geschwindigkeit und mit
verwegenen Rhythmuswechseln. Zu zitternden Geigenklängen und melodiösem
Gitarrenzupfen singt Pavlenko das schwermütige Lied von den "Zwei
Gitarren", die immer in Moll erklingen, das sich bald in sängerischer
Dramatik und Tempo steigert und in einem ekstatischen Tanz ausartet.

Orientalische Akzente setzen die Musiker mit "Hava Nagilah",
das Scala in tiefer und gutturaler Stimme im Duett mit Lichtman singt,
bis er von Pavlenko abgelöst wird, der das hebräische Volkslied im
rasanten Tempo zum Ende treibt. "Nur montags" heißt das
Instrumentalstück, das von Jakob Lichtman komponiert wurde. Als legendär
wird die Virtuosität des 1997 verstorbenen Ensemblegründers auf der
Violine beschrieben. Ein Bravour-Stück für Grauberger, die auf ihrer
Geige mal mit perlenden Klängen, mal im liedhaften Legato einfühlsam und
mit ordentlich Schmelz die Geschichte von den schönen, sentimentalen
Augenblicken des Lebens erzählt. Sei es die "Zigeunerhochzeit" voller
Temperament und tänzerischem Feuer oder die russische Romanze "Ich habe
sie getroffen", in der Charaktertenor Pavlenko mit schmachtender Stimme
und dramatischem Tremolo den Tiefen der russischen Seele ein
musikalisches Gewand gibt oder ein furioser Csardas. Die versprochene
pure Lebensfreude springt auf die rund 200 Konzertbesucher über, die die
atemberaubenden, rasanten Tänze und die meisterhafte Fingerfertigkeit
der Musiker stets mit anerkennenden wie staunenden "Ohs" kommentieren.

Zugabe Und kurios gestaltet sich die Zugabe des Quintetts:
Karibische Klänge, Reggae-Rhythmen und Scalas kreolischer Singsang
lassen erst vermuten, das das Ensemble den Begriff Weltmusik zu wörtlich
genommen hat. Doch dann entwickelt sich ein durch und durch russisches
"Kaljinka" daraus, mit dem sich die Künstler von ihrem begeistert
applaudierendem Publikum endgültig verabschieden.