Kulturstiftung Hohenlohe

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von der Kulturstiftung

"Musik gewordene Reformation" - von Inge Braune, Fränkische Nachrichten/FNweb, 29.6.2017

Niederstetten.Wie unendlich schade: nur gut vierzig Besucher haben erlebt, wie frisch und aufregend lebendig das Ensemble "NeoBarock" unter dem Titel "Telemann und Luther" die zur "Musik gewordene Reformation" - so der Untertitel  des Konzerts - zum Klingen brachte.

Um vier Stücke von Georg Philipp Telemann - zwei Instrumentalstücke und zwei Arien - gruppierte das Ensemble Christian Hollanders Choralfantasie "O Welt, ich muss dich lassen", Christian Geists "Vater unser", Johann Fischers  Choralfantasie "Herzlich tut mich verlangen und Christian Ritters "Das  deutsche Vaterunser". Allein schon der Konzertaufbau: schlicht eine Meisterleistung. Wie von einem fein ziselierenden Goldschmied eingefasst blinkte da Telemann.

Das Ensemble "NeoBarock" erweiterte für diese Aufführung die Kernbesetzung aus Volker Möller und Maren Ries (Violinen), Ariane Spiegel (Violoncello) und Rosella Policardo (Cembalo) um die beiden Viola-Spezialisten Christiane Veltmann und Dorian Wetzel und um die Mezzosopranistin Marion Eckstein. Besonders letztere sorgte mit ihrer wunderschön weichen, weit ausgreifenden Stimme, die locker ausreicht, um selbst in einen großen Dom bis in die hintersten Kapellen hineinzureichen, für helle Begeisterung beim Publikum.

Brillieren konnte sie in Geists für Gesang, zwei Violinen und Basso continuo komponiertem "Vater unser", in Telemanns bezwingenden Arie "Sünder ach zerfließt in Tränen" und "ich sehne michnach jenem großen Tage" und in Ritters "Das deutsche Vaterunser". Weit, tief, hoch, ungeheuer intensiv und variantenreich gestaltet die an der Mosel aufgewachsene Winzertochter, die ihr Gesangsstudium mit Auszeichnung abschloss und mit ihrem immens großen Repertoire auch international immer wieder für Furore sorgte, die Telemann-Arien und die beiden "Vater unser"-Kompositionen von Geist und Ritter.

Immense Höhenwechsel

Scheinbar mühelos überspringt sie immense Höhenwechsel, und wenn sie ansetzt zu den schier unglaublichsten, in berauschendstem Tempo gesetzten Koloraturen scheinen ihrer Stimme Flügel zu wachsen. Zu solcher Präzision auch noch ein ebenso perfektes Ensemble zu kreieren, dem es gelingt, in gleicher Frische Choralfantasien, Prélude, Simphonie und - als Zugabe für das enthusiastisch applaudierende Publikum - die
lange Bach zugeschriebene Arie von Gottfried Heinrich Stölzel "Bist du bei mir" umzusetzen, gehört zu den Sternstunden der Jakobskirchen-Konzerte. Fesselnd und mit leidenschaftlicher Erkundungs- und Spielfreude, die unmittelbar aufs Publikum überspringen, bringt "NeoBarock" die Kompositionen zum Klingen. Lange nachklingen dürfte das Konzert in der Erinnerung der gut 40 Besucher. Wer nicht da war, hat sich wirklich eine Menge Musikerleben entgehen lassen.

© Fränkische Nachrichten, Donnerstag, 29.06.2017