Kulturstiftung Hohenlohe

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von der Kulturstiftung

Grandioser Auftakt mit Hai'ou Zhang - von Leonore Welzin, 27.5.2017, Hohenloher Zeitung

Als Kaiser Maximilian 1495 mit seinem Tross von 250 Pferden auf Schloss Neuenstein Quartier bezog, schildert der Chronist alle möglichen Details des außergewöhnlichen Besuchs, bis hin zur Schach-Partie, die nach dem Nachtmahl gespielt wurde. Und zwar genau in der "guten Stube des Schlosses", wie der Vorsitzende der Kulturstiftung Hohenlohe Fürst Kraft zu Hohenlohe-Öhringen, den Rittersaal nennt, in dem die 3I. Saison des Hohenloher Kultursommers eröffnet wurde. Ob beim Großereignis vor 532 Jahren musiziert wurde, blieb unerwähnt.

Der ehrwürdige Rittersaal ist dank seiner authentischen Atmosphäre jedenfalls bis heute nicht nur optisch ein Hingucker, er eignet sich auch akustisch wunderbar für Klassik-Konzerte wie den Auftakt mit „Louise, der Bär und die Königin". Hinter dem geheimnisvollen Titel verbergen sich die Komponisten Händel, Mozart und Haydn. Märchenhaft sollte es zugehen beim ersten Konzert. Es wurde eine künstlerische Traumhochzeit zwischen dem jungen Pianisten Hai’ou Zhang aus China und der Russischen Kammerphilharmonie St. Petersburg, die 1990 in Russland gegründet, von Juri Gilbo geleitet, seit dem Jahr 2000 in Frankfurt residiert 

Im Galopp
Georg Friedrich Händels ,,Ankunft der Königin von Saba" aus dem Oratorium "Solomon" ist ein immer wieder gern gehörter Start. Flirrend-heitere Vorfreude nimmt das Orchester das Stück im Galopp. Kurz und spritzig, ein Prosecco-Auftakt, dem das Mozart Klavierkonzert in Es-Dur als Höhepunkt folgt. Die Komposition entstand 1777 für die Klaviervirtuosin Louise Victoire Noverre. Ihre pianistischen Fähigkeiten müssen enorm gewesen sein. Um das Maß an Virtuosität zu erfassen, sei der Pianist und Mozart-Interpret Alfred Brendel zitiert, der es "eines der größten Weltwunder" nannte.

Hai’ou Zhang hat sich über Wochen in das Werk vertieft. Es ist seine Premiere dieses Mozart-Stücks. Wie aus einer anderen Welt taucht er auf, und der Saal atmet das Charisma des Ausnahmekünstlers. Traumwandlerisch kommt der erste Einsatz, präzise und gefühlvoll ist der Anschlag - der Eingriff des Solisten mitten in die Orchesterexposition wird zu einem Impuls gegenseitigen Zuspiels. Durchlässig fließende Arpeggien der rechten Hand, ein Hauch von Harfe der linken, in der Kadenz wie im weiteren Verlauf zeigt Zhang ein dynamisches Differenzierungsvermögen, das den Atem raubt. Im Andantino widersetzt er sich dem Tempodruck des Orchesters, nimmt sich Zeit, um jede Note auszuspielen, ihr eine eigene Kontur zu geben, ohne Attitüde. Da sitzt kein Interpret, Mozart selbst scheint es zu sein, der sein Gegenüber mit Raffinement und humorvollen Irritationen aus der Reserve lockt - bis zum letzten Ton des feurigen Rondo. Vom Premieren-Druck befreit, wirft sich Zhang in eine der virtuosesten Zugaben: Horowitz’ Paraphrasen des "Hochzeitsmarsches" von Mendelssohn. Grandios und atemraubend! 

Auf Kontraste und Klangopulenz setzend, spielen die Russen danach Elgars Serenade e-Moll für Streicher, lassen in Haydns Sinfonie C-Dur, genannt "Der Bär" die Bläser glänzen und verabschieden sich mit zwei Zugaben: Saint-Preux’ (Pseudonym des französischen Komponisten Christian Langlade) "Concerto pour une voix" und einer Irischen Melodie von Brian Boydell.